Depressionen

Depressionen: Verstärkt im Herbst

Jena (dpa) - In der kalten und dunklen Jahreszeit nimmt nach Einschätzung des Jenaer Psychologen Wolfgang Miltner die Zahl der Menschen zu, die an Depressionen leiden. Als mögliche Ursache gelte die verminderte Lichtintensität, sagte der Professor für biologische und klinische Psychologie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Die Verarbeitung von Licht im Gehirn fördere die Ausschüttung der Hormone Serotonin und Noradrenalin, die Stimmungen positiv beeinflussten. Geholfen werden könne den Patienten unter anderem mit einer Lichttherapie. So genannte saisonale Depressionen würden mit sehr intensivem weißen Licht behandelt, damit der Hormonspiegel wieder ansteige. In schweren Fällen sei aber die Behandlung mit Medikamenten oder eine Verhaltenstherapie nötig, betonte Miltner. Ein Mangel an Tageslicht und Sonnenschein sei aber nur eine mögliche Ursache für Depressionen. "Entscheidend sind auch die Einschränkungen im Leben, die einem vom schlechten Wetter aufgebürdet werden", sagte Miltner. Lange Abende allein zu Hause, weniger Sport und kaum noch Bewegung im Freien schlügen vielen Menschen aufs Gemüt. Komme noch eine genetische Veranlagung für Depressionen hinzu, sei eine Erkrankung vorprogrammiert. Ein depressiver Mensch fühle sich extrem traurig und niedergeschlagen, sagte Miltner. "Gefühle der Wertlosigkeit und teilweise auch der Schuld kommen noch dazu". Die Betroffenen kapselten sich ab und litten an Schlafstörungen und Appetitlosigkeit. Eine gut gemeinte Aufmunterung von Angehörigen und Freunden könne das Gegenteil bewirken. Der Depressive falle schnell in eine "Sei- spontan-Falle", erklärte der Psychologe. Aufforderungen wie "Mach doch mal was Spontanes" oder "Jetzt lach doch mal" würde der Betroffene zwar gerne folgen, er finde aber keinen Weg aus seiner Antriebslosigkeit. "Daraus erwächst dann wieder ein Gefühl des Versagens und ein Teufelskreis schließt sich", sagte der Psychologe. Studien seien zu dem Ergebnis gekommen, dass zwischen 5 und 17 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal in ihrem Leben an einer Depression litten. Bei Frauen liege die Wahrscheinlichkeit zwei bis drei Mal höher als bei Männern. Einen Arzt suchten nur die wenigsten auf. "Oft suchen die Betroffenen viel zu spät Hilfe - nur ein verschwindend geringer Teil von Depressiven ist wirklich in Behandlung", sagte Miltner.

Quelle: Netdoktor.de vom 20.10.2002

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