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Keine Angst mehr: Wie das Gehirn lernt, zu vergessen

London (dpa) - Wie das Gehirn lernt, Angst einflößende Erinnerungen zu vergessen, haben Wissenschaftler aus Puerto Rico bei Versuchen mit Ratten gezeigt. Eine Gruppe spezieller Nervenzellen sorgt demnach dafür, dass unangenehme Erinnerungen durch neue ersetzt werden. Dies berichten die Forscher im britischen Fachblatt "Nature" (Bd. 420, S. 70). Sie hoffen, durch eine gezielte Stimulation der betreffenden Zellen im Gehirn auch Menschen helfen zu können, die nach einer traumatischen Erfahrung Ängste nicht vergessen können. Um die Versuchstiere in Angst zu versetzen, führten Mohammed Milad und Gregory Quirk von der Ponce School of Medicine mit den Nagern zunächst ein klassisches Konditionierungsexperiment durch: Gleichzeitig mit einem bestimmten Ton verpassten sie den Tieren einen kleinen elektrischen Schock. In Erwartung dieses Schocks erstarrten die Ratten vor Angst künftig auch dann, wenn sie nur den Ton allein hörten. Einem Teil der Versuchstiere wurde anschließend noch mehrere Male der Ton ohne den elektrischen Schock vorgespielt. Am nächsten Tag erstarrten diejenigen Tiere, die diese "Auslöschungs-Phase" erlebt hatten, beim Erklingen des Tons nur noch selten. Sie hatten gelernt, keine Angst mehr zu haben. Messungen der Aktivität verschiedener Gehirnzellen zeigten, dass bestimmte Zellen im so genannten medialen präfrontalen Cortex dafür zuständig sind, die unangenehme Verknüpfung von Ton und Schock aufzulösen. In dieser Gehirnregion werden emotional bedeutsame Reize verarbeitet. Auf Grund ihrer Aktivität lernte das Gehirn, keine Angst mehr vor dem Ton zu haben. Menschen, die nach einem schlimmen Ereignis unter einer so genannten "posttraumatischen Belastungsstörung" leiden, weisen genau in dieser Gehirnregion eine ungewöhnlich niedrige Aktivität auf. Durch eine magnetische Stimulierung dieses Bereiches könnte den Patienten möglicherweise geholfen werden, die angstbeladenen Erinnerungen auszulöschen, meinen die Forscher.

Quelle: Netdoktor.de vom 07.11.2002

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