Sozialpsychatrie

"Drehtürpsychiatrie" gefährdet Therapieerfolge

naps: "Die Schmerzgrenze ist beim Bettenabbau in der Psychiatrie für Beschäftigte, Patientinnen und Patienten erreicht. Wir erwarten, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung diese Entwicklung mit ihrem neuen Krankenhausplan stoppt." Das sagte Jan-Hendrik Heudtlass, Vorsitzender des ver.di-Fachbereichs Gesundheit in Nordrhein-Westfalen während einer Fachtagung seiner Organisation zum Thema "25 Jahre Psychiatriereform - was nun?" in Lengerich. In den letzten 25 Jahren sei allein in Westfalen-Lippe die Zahl der Klinikbetten in der Psychiatrie von 8600 auf 3400 abgebaut worden, ohne entsprechend ausreichende ambulante und teilstationäre Angebote zu schaffen. Im gleichen Zeitraum sei die Zahl der Patientinnen und Patienten von 24 200 auf mehr als 40 000 gestiegen. Dadurch habe die Arbeitsbelastung der Beschäftigten enorm zugenommen. Landesfachbereichsleiterin Gesundheit (ver.di) Sylvia Bühler warnte vor einer "Drehtürpsychiatrie". Habe die Verweildauer vor wenigen Jahren noch bei 70 Tagen gelegen, so seien heute psychisch Kranke durchschnittlich nicht länger als 28 Tage in der Klinik. Das gefährde Therapieerfolge. Von der Landesregierung erwartet sie Initiativen zur "integrierten psychiatrischen Versorgung" mit allen Leistungsanbietern und einen Schub für die Nachwuchsförderung. "Sonst droht ein neuer Personalnotstand wie in den achtziger Jahren," befürchtet sie. Bei Arztstellen und in Krankenpflegschulen gingen die Bewerbungszahlen dramatisch zurück. Das Krankenhauspersonal in der Psychiatrie sei in den vergangenen 25 Jahren offen gewesen für die Reformbemühungen in der Psychiatrie, erinnerte die ver.di-Gesundheitsexpertin. Dieser Prozess - verbunden mit dem Strukturwandel in den Kliniken - dürfe nicht unterbrochen werden mit dem Hinweis auf knappe Kassen. Während der ver.di-Fachtagung in der Westfälischen Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie zogen Gesundheitsexperten, Psychiatrieerfahrene und ihre Angehörigen eine kritische Bilanz der Psychiatriereform. Zugleich diskutierten sie Perspektiven und über die Verbesserung von Kooperationen in ihrem Bereich.

Quelle: Lichtblick-newsletter.de vom 30.10.2001

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