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Globalisierung und Terror: Neue Ängste, über die keiner reden will

München (dpa) - Die Globalisierung und Terroranschläge wie in den USA oder der Amoklauf von Erfurt haben nach Erkenntnis von Psychologen zu neuen Ängsten geführt. "Der Einzelne tendiert dazu, sich einsamer zu fühlen", über Ängste und Gefühle zu sprechen komme in der Gesellschaft kaum vor, sagte Prof. Ulrike Lehmkuhl (Berlin) zur Eröffnung des 22. Internationalen Kongresses für Individualpsychologie (6. bis 10. August) am Dienstag in München. Zur Bewältigung von Konflikten forderte sie die Einrichtung von Gesprächsrunden im Pflichtunterricht an den Schulen. Die Schüler müssten lernen, über ihre Höhen und Tiefen zu reden. Unter den Jugendlichen haben die Psychologen zwei Tendenzen festgestellt, mit denen diese ihre Probleme abreagieren: sie flüchten sich in die Spaßgesellschaft oder leben Gewalt in Schule oder Familien aus. "Sie benützen dabei nicht immer Fäuste, sondern die Sprache wird zunehmend gewaltsam", sagte der Psychologe Albrecht Stadler. Ziel der Individualpsychologie sei es, nicht nur psychische Krankheiten wie Depressionen zu behandeln, sondern Ängste und Gewalt durch Erziehung vorbeugend zu verhindern. Die Individualpsychologen, die das Fach nach der Lehre des Psychologen Alfred Adler (1870-1937) ausrichten, haben ihren Kongress unter das Motto "Der Einzelne und die Gesellschaft" gestellt. Zu dem Kongress sind rund 300 Wissenschaftler aus 17 Ländern nach München gekommen. Sie bemängeln, dass in allen Gesellschaften über Verzweiflung, Wut, Angst und Aggression nicht offen gesprochen werde. So könne kein Arbeitnehmer in seiner Firma Angst über den Verlust seines Arbeitsplatzes offen artikulieren, ohne Gefahr zu laufen, zum Opfer zu werden. Lehmkuhl: "Wir sind nicht alle strahlende Helden, wir müssen auch darüber sprechen was uns bedrückt."

Quelle: Netdoktor.de vom 07.08.2002

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