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Depression: Neunzig Prozent der Patienten nicht richtig behandelt

München (netdoktor.de) – Vier Millionen Deutsche leiden unter Depressionen, aber etwa neunzig Prozent aller Patienten werden nicht richtig behandelt, sagte Prof. Ulrich Hegerl, Sprecher des Großforschungsprojektes Kompetenznetz 'Depression'. "Obwohl die Krankheit mit Antidepressiva und Psychotherapie erfolgreich zu behandeln ist, erhalten derzeit nur etwa zehn Prozent aller Betroffenen eine Therapie, die dem Stand der Forschung entspricht", erklärte Hegerl anlässlich des Weltgesundheitstages am 7. April 2001 . Eine Fortbildung von Hausärzten könnte nach Erkenntnissen der Kompetenznetz-Wissenschaftler die Behandlungssituation depressiver Menschen entscheidend verbessern. Denn Depressionen würden in 50 Prozent aller Fälle nicht erkannt. Die Diagnose gestalte sich auch deshalb schwierig, weil viele Patienten im Arztgespräch nur über körperliche Beschwerden klagten. Erst durch gezieltes Nachfragen könne der Hausarzt eine Depression zu erkennen. "Depression ist keine Befindlichkeitsstörung, sondern eine ernst zu nehmende Krankheit", betonte Hegerl. Auch die Wahrnehmung der Krankheit in der Öffentlichkeit sei problematisch. Gemäß der Devise "Jeder ist mal depressiv" würden die Erkrankung und die Leiden der Betroffenen häufig verharmlost, obwohl sie sogar lebensbedrohlich verlaufen könnten. "Psychisch Kranke werden in unserer Gesellschaft immer noch anders behandelt als körperlich Kranke", sagte Hegerl. Etwa 15 Prozent aller Patienten mit schweren Depressionen nahmen sich im Laufe ihrer Krankheit das Leben. 1999 wurden in Deutschland 11.157 Selbstmorde gezählt. Damit liegt die Zahl der Suizidopfer weit über der Zahl der Verkehrstoten von 7.749. Weltweit steht die Depression zahlenmäßig an der Spitze dieser Krankheiten mit neuropsychiatrischem Ursprung. "Wir begrüßen die Kampagne der Weltgesundheitsorganisation WHO, im Jahr 2001 auf die psychischen Erkrankungen und die bestehenden Behandlungsdefizite aufmerksam zu machen", äußerte Hegerl. Depressive Störung äußern sich durch Symptome wie tiefe Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen und Interessenverlust. (im)

Quelle: Netdoktor.de vom 23.03.2001

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