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Angststörungen: zweithäufigste psychiatrische Krankheit

Berlin (ddp). Angststörungen treten öfter auf als allgemein vermutet. Nach den Depressionen sind sie das zweithäufigste psychiatrische Krankheitsbild, erklärte Reinhard Boerner von der Psychiatrischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde in Berlin. Jeder Vierte erkranke einmal im Leben an einer Angststörung, fügte Boerner hinzu. Nach Darstellung der Mediziner werden höchstens zehn Prozent der Patienten mit Angststörungen auch medikamentös behandelt. Dabei belegten inzwischen zahlreiche Studien, dass insbesondere moderne Psychopharmaka, die weniger Nebenwirkungen hätten als ihre Vorgänger, äußerst Erfolg versprechend seien. Doch in der Praxis würde meist reine Psychotherapie - oft Verhaltenstherapie - verordnet. Diese eindimensionale Behandlung entspreche nicht den "mehrdimensionalen Störungen", kritisierte Boerner. Neben psychischen Ursachen spielten bei Angststörungen auch genetische und stoffwechselbedingte Faktoren eine Rolle, die sich mit Medikamenten direkt behandeln lassen. Mit Antidepressiva ließen sich Angststörungen "effektiv,
kostengünstig und mit längerfristiger Wirkung behandeln", hob der Experte hervor. Diese verfügbare Therapie werde noch viel zu selten genutzt. Psychotherapeutische und medikamentöse Behandlungsformen müssten als gleichwertig und sich ergänzende Möglichkeiten gesehen werden. Bei der allgemeinen Angststörung stehen vom Patienten als irrational empfundene Sorgen - wie berufliches Versagen oder Krankheit - im Vordergrund, wie der Mediziner erläuterte. Zudem litten die Betroffenen unter Reizbarkeit, innerer Unruhe, Schlaf- und Konzentrationsstörungen. Phobien sind Ängste, die an bestimmte Situationen gebunden sind wie Flug- und Höhenängste. Bei der sozialen Phobie fürchten Patienten Situationen, bei denen sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Zusätzlich entwickeln sich meist depressive Symptome oder eine Suchterkrankung, wie Boerner betonte. Nur wenige Patienten würden unter einer isolierten Angststörung leiden. Allen gemeinsam sei eine ängstliche Stimmung, negative Gedanken und körperliche Missempfindungen.

Quelle: Lichtblick-newsletter.de vom 03.12.2001

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