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Selbstmord: Alle 47 Minuten ein Fall in Deutschland

Berlin/Genf (dpa) - In Deutschland nimmt sich alle 47 Minuten ein Mensch das Leben. Im Jahr 2002 habe es 11 163 Selbsttötungen gegeben, sagte der Vorsitzende der Initiativgruppe «Nationales Suizid- Präventions-Programm», Armin Schmidtke, am Donnerstag in Berlin anlässlich des internationalen Tages zur Verhinderung von Suizid (10. September). Weltweit sterben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) rund eine Million Menschen jährlich durch Selbsttötung - mehr als durch Krieg und Mord zusammen. Am meisten Selbstmorde verzeichnet die WHO in Osteuropa. Am niedrigsten sei die Suizidrate in Südamerika und den islamischen Ländern. Deutschland liege mit der Gesamtzahl der jährlichen Suizide etwas unter dem europäischen Durchschnitt, sagte Schmidtke. Innerhalb des Landes gebe es große regionale Unterschiede. So stehen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen von den Flächenstaaten bei der Zahl männlicher Selbstmorde an der Spitze. Nordrhein-Westfalen, Saarland und Berlin finden sich am unteren Ende der Skala. In der Geschlechter-Verteilung bringen sich WHO-Angaben zufolge mehr Männer als Frauen um. In Deutschland waren es 2002 rund 8 100 Männer und 3 000 Frauen. Jedoch unternehmen mehr Frauen einen Selbstmordversuch. Die Selbstmordrate steigt weltweit mit zunehmendem Alter. Diese Tatsachen spiegelt auch die deutsche Realität: Nach Daten des Suizid- Präventions-Programm waren 2002 rund 37 Prozent aller männlichen Selbstmordtoten in Deutschland älter als 60 Jahre. Hingegen mache diese Altersgruppe nur etwa 21 Prozent aller in Deutschland lebenden Männer aus. Rund 51 Prozent aller Selbstmörderinnen seien älter als 60 Jahre, obwohl der Anteil dieser Altersgruppe an der weiblichen Gesamtbevölkerung lediglich rund 28 Prozent betrage. Als alarmierend bezeichnete die WHO die Zunahme von Selbsttötungen unter jungen Menschen zwischen 15 und 25 Jahren. In Deutschland verüben die 15- bis 24-Jährigen 16 Prozent aller Selbsttötungen. Damit sei Suizid in Deutschland die zweithäufigste Todesursache unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen, berichtete der Verein «Hilfen für suizidgefährdete Kinder und Jugendliche» am Mittwoch. Durch Suizid sterben demnach bundesweit fast so viele junge Menschen wie im Straßenverkehr. «Die WHO hält Suizid für ein großes, weltweites aber meist vermeidbares Problem», erklärte die UN-Organisation in Genf. Häufige Beweggründe für Selbsttötungen seien Armut, Arbeitslosigkeit, den Verlust eines nahe stehenden Menschen, Streit sowie Probleme am Arbeitsplatz oder mit der Justiz. Auch Suizidfälle in der Verwandtschaft, Alkohol- und Drogenmissbrauch, sexueller Missbrauch in der Kindheit, Vereinsamung und Krankheiten wie Depressionen oder Schizophrenie spielten eine Rolle. Zu den Faktoren, die vor Suizid schützen, zählt die WHO die eigene Wertschätzung der Menschen und soziale Beziehungen. Die Früherkennung von psychischen Störungen sowie deren angemessene Behandlung sei die wichtigste Präventionsstrategie. Viele Untersuchungen zeigten, dass in den vier Wochen vor dem Suizid Patienten häufiger als sonst ihren Hausarzt aufsuchten, die Neigung zur Selbsttötung aber nicht erkannt werde, sagte Schmidtke. Aufklärungs- und Schulungskampagnen führen zu einer deutlichen Verringerung von Selbstmorden und Selbstmordversuchen.

Quelle: Netdoktor.de vom 10.09.2004

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