Dienstag, 17.09.2002

Gemeinsam den Alltag bewältigen

Verein "Kontakte" bietet seit 20 Jahren betreutes Wohnen für seelisch Kranke an.

Aus dem Garten dringen Live-Musik und Grillgerüche, während Mario Rommel Besuchern und Gästen stolz sein WG-Zimmer zeigt. Dabei berichtet er über das WG-Leben: Da ist der eine Mitbewohner, der immer so unordentlich ist und selten putzt. Von Aufräumplänen erzählt er, die fast monatlich neu verhandelt werden, aber auch von der einzigen weiblichen Mitbewohnerin, Henriette Schmidtword, die jeden Tag für alle kocht und die gute Seele des Hauses ist.

Die ganz normalen Probleme einer Sieben-Personen-WG also é und doch ist diese Gemeinschaft ungewöhnlich: Die Bewohner sind psychisch kranke Menschen, die nicht stationär betreut werden müssen und wollen, jedoch im Alltag etwas Hilfe brauchen. Deshalb wohnen sie im Ralf-und-Anne-Grossmann-Haus, das seit 13 Jahren dem Verein "Mülheimer Kontakte" gehört. Der bietet seit 20 Jahren Betreutes Wohnen an. Dieses Jubiläum wurde gestern mit Grillen, Musik, einer Kunstausstellung mit den Werken der Bewohner Rafael Heußen und Heidi Mennecke und mit vielen Gästen gefeiert.

45 Plätze sind meist langfristig belegt

Das Grossmann-Haus, in dem gefeiert wurde, ist nicht die einzige Wohnung der Mülheimer Kontakte mit Betreuung: 45 Plätze, davon 17 in Wohngemeinschaften und 28 in Einzelwohnungen werden angeboten. Die meisten Plätze sind langfristig vergeben: Mario Rommel zum Beispiel lebt schon seit zwölf Jahren hier, ein anderer Bewohner ist sogar schon die ganzen 20 Jahre dabei. Viele schaffen auch den Sprung zum vollständig selbstständigen Wohnen. Aber auch beim Betreuten Wohnen wird Wert auf Selbstständigkeit gelegt: Im Alltagsleben helfen sich eher die Bewohner untereinander, als dass ein Betreuer einschreitet.

Patienten sollen unabhängig bleiben

Einmal im Monat unterhält sich die Gruppe miteinander, ein- bis zweimal in der Woche gibt es Therapiegespräche mit den einzelnen Bewohnern. Um die 45 Betreuten kümmern sich fünf Sozialarbeiter, Sozialpädagogen oder Diplompädagogen.Die meisten arbeiten schon lange Zeit im betreuten Wohnen.

Sie wollen erreichen, dass ihre Klienten unabhängig bleiben von stationären oder teilstationären Behandlungen, dass sie ihren Alltag und persönliche Probleme bewältigen können und soziale Kontakte aufbauen. Dabei werden sie auch finanziell unterstützt: Der Landschaftsverband Rheinland trägt 75 Prozent der Kosten, die Stadt den Rest. Viele private Förderer gibt es und auch ehrenamtliche Mitarbeiter.

  • Dank der Helfer ist der Verein "Mülheimer Kontakte" nun seit 20 Jahren in der Lage, psychisch kranken Menschen ein eigenständiges Leben zu ermöglichen. (jenk)

    17.09.2002    
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