Im Rahmen des Betreuten Wohnen für psychisch Kranke feiern die Mülheimer Kontakte in diesem Jahr das 10-jährige Bestehen der Wohngemeinschaft "Beutherstraße".

Mit der ersten Wohngemeinschaft für psychisch kranke Mitbürger in Mülheim im Jahre 1982 nahm alles seinen Anfang. Diese wurde anfangs noch von engagierten LaienhelferInnen sowie von einer ehrenamtlichen Fachkraft betreut. 1985 wurde das Projekt "Betreutes Wohnen" im Rahmen der gemeindepsychiatrischen Versorgung durch den Landschaftsverband Rheinland und durch die Stadt Mülheim an der Ruhr professionell gefördert.

Mittlerweile bieten die Mülheimer Kontakte 21 Wohngemeinschaftsplätze sowie 15 Plätze im Betreuten Einzelwohnen an.

Nachdem 1989 die erste Wohngemeinschaft an der Aktienstraße aufgrund von Straßenverbreitungsmaßnahmen der Abrißbirne zum Opfer fiel, sah sich der Verein gezwungen adäquaten Ersatz zu finden. Vorurteile gegenüber psychisch Kranken und fehlende Mietwohnungen zwangen den Verein 1989 zum finanziell riskanten Kauf der Immobilie in der Beutherstraße. Dieses frühere Pfarrhaus stand seit Jahren leer und bot den von Obdachlosigkeit bedrohten KlientInnen aus der WG-Aktienstraße endlich ein neues Zuhause.

Nach der hektischen Auflösung der früheren WG zogen zunächst fünf Klienten in ein Provisorium ein. Durch Stiftungsgelder der Wohlfahrtspflege konnten wir die Wohngemeinschaft Beutherstraße im Jahre 1993 umfangreich sanieren und renovieren. Die Umbauphase dauerte fast 7 Monate und strapazierte die Nerven der BewohnerInnen sowie des Personals.

Mittlerweile leben hier acht KlientInnen auf drei Etagen verteilt. Jeder Bewohner hat sein eigenes Zimmer und kann es nach seinen Wünschen einrichten. Die WG bietet ein großes Wohnzimmer mit Wintergarten, Küche, zwei Bäder, Werkräume und einen großen Garten.

Die Bewohner verpflegen sich selbst. Die Möglichkeit einer gemeinsamen Haushaltskasse wird von einigen genutzt, ist aber nicht Bedingung. Wer möchte kann sich hier auch autonom verpflegen. Zu den hauswirtschaftlichen Verpflichtungen gehören z.B.: Reinigung der eigenen Zimmer, der Gemeinschaftsräume (mit wöchentlicher Anleitung durch eine Reinigungskraft) sowie die Pflege des Gartens.

Aufgenommen werden in dieser WG psychiatrisch erkrankte Menschen die vorübergehend oder für längere Zeit nicht zu einer eigenständigen Lebensführung fähig sind. KlientInnen die eine stationäre oder teilstationäre Hilfe in einer psychiatrischen Klinik oder in einer anderen Institution (z.B. Langzeit- und/oder Übergangswohnheim nicht oder nicht mehr benötigen.

Die therapeutisch-pädagogischen Angebote sollen Hilfe zur Selbsthilfe sein und einer weitmöglichsten Verselbstständigung dienen. Hierbei soll dem Bewohner entsprechend seiner Fähigkeiten ein größtmögliches Maß an Mitverantwortung übertragen werden. Ein struktureller Tagesablauf, Einzel- und Gruppengespräche, detaillierte Tagespläne, themenzentrierte Gesprächskreise, Krisenintervention, arbeitstherapeutische Maßnahmen und vieles mehr sollen der individuellen Zielsetzung dienlich sein.

Diese Zielsetzung beinhaltet z.B. die Möglichkeit von stationärer oder teilstationärer Hilfe unabhängig zuwerden. Den Alltag bewältigen können, lernen soziale Kontakte außerhalb der Wohngruppe zu entwickeln, eine Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung auszuüben, persönliche Probleme zu bewältigen und lebenspraktische Fertigkeiten üben, etc..

In den letzten 10 Jahren wurden in der Wohngemeinschaft Beutherstraße 20 KlientInnen betreut.

Die Nachbarschaft begegnet uns sehr herzlich und positiv. Gegenseitige Einladungen zu Feierlichkeiten werden allseits gerne angenommen. In diesem Sinne können wir behaupten daß die soziale Integration im näheren Umfeld funktioniert.

Schattenseiten seit Bestehen der WG-Beutherstraße und des Betreuten Wohnens überhaupt ist in den Krisenjahren 1994 und 1996 bezgl. der geplanten Haushaltskonsilidierungen zu finden. Die Monate der Ungewißheit von weiteren Finanzierungssicherheiten lösten oftmals krankheitsauslösende Momente aus. Mittlerweile hat sich die finanzielle Sicherung des Betreuten Wohnens stabilisiert. Diese ambulante Wohnform ist eine der kostengünstigsten Konzeptionen, durch wissenschaftliche Studien belegt wurde, in der Betreuung von psychisch Kranken.

Wir hoffen das wir noch viele Jubiläen feiern können und bedanken uns herzlich bei allen die uns finanziell, emotionell, und tatkräftig unterstützen.